Seit Januar 2020 präsentiert sich JALI als Online-Forum zur zeitgenössischen japanischen Literatur. Die Ausgabe 2/2021 hat lange auf sich warten lassen. Dies steht zum einen mit zwei größeren Publikationsprojekten, die in diesem Jahr abgeschlossen wurden, sowie mit den zusätzlichen Belastungen der letzten Semester in Zusammenhang. Zum anderen trug dazu auch die Verkleinerung des Redaktionsteams bei: David D. Jungmann M.A. ist mittlerweile im Präsidialbereich der Goethe-Universität tätig. Er bleibt der Japanologie durch sein Promotionsprojekt verbunden, kann allerdings aufgrund seiner neuen Aufgaben leider nicht mehr an JALI mitwirken.
JALI Nr. 2 widmet sich unter dem Motto des Blicks auf das Selbst verschiedenen literarischen und künstlerischen Repräsentationen des „ICH“ – die Einleitung nimmt auf das (immer wieder) aktuelle Thema ausführlicher Bezug. In der Rubrik AKTUELLES werden Ansätze einer technoanimistischen japanischen Kunst beschrieben, die temporäre KI-Seelengefäße für Verstorbene bereitstellt. Den Grenzpfad zwischen Diesseits und Jenseits beschreiten im weiteren die Figuren aus Kojima Hideos Game Death Stranding mit seinem nach Norman Reedus gestalteten Protagonisten Sam Porter, in dessen Labyrinthe der Essay von Mike Hommel einführt – enthalten in der Rubrik ENTDECKUNGEN. Hier kommentiert zudem Marija Tomic die Zersplitterung des weiblichen Ichs in der Literatur japanischer Autorinnen anhand der Texte Marika no sofâ (1997; Marikas
Sofa) von Yoshimoto Banana und Sakurai Amis Sora no kaori o ai suru yô ni (2004; So wie man den Duft des Himmels liebt).
KUNST UND ZEIT bietet eine Betrachtung der Werke des Malers Inose Naoya (*1988), aus denen sich, so die Interpretation der Verfasserin Claudia Schneider, der Mensch schon lange entfernt zu haben scheint. Eva Jungmann stellt ihr Projekt zum deutsch-japanischen Maler Miyabe Tarô vor.
Christian Chappelow erkundet im WERKSTATTBERICHT mittels einer Relektüre von Hagiwara Sakutarôs bekanntem surrealistisch-symbolistischen Gedicht über den „fremden Hund“ (mishiranu inu) die „Ursprungsszenarien moderner Ich-Konstruktion“, wie sie in der Lyrik AG der Frankfurter Japanologie besprochen wurden. Der Rezensionsartikel von Lisette Gebhardt zu Murakami Harukis Anthologie Erste Person Singular untersucht die ICH-Variationen des Autors und ihre mehr oder weniger offensichtlichen Bezüge zur Psychoanalyse bzw. zu C.G. Jung.
Die Redaktion, November 2021
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